Ich schneide die letzten Büschel der Pflanzen direkt über dem Boden ab. Eine steht noch weiter hinten. Dann ist es geschafft. Doch plötzlich kommt ein Verkäufer von der Seite und greift in die laufenden Messer der Heckenschere. Ein Schrei. Blut spritzt. Der Daumen fällt zu Boden. Er ist grün. Wie aus dem Nichts sprießen überall die Pflanzen wieder hoch. Auch der Daumen wächst direkt wieder nach.
Im Laufschritt eile ich zurück zur Kleintierabteilung. Ich bin geschwächt. Dort greife ich ins Regal, nehme mehrere Pakete Hamsterstreu und einen Kanister Hundefernhaltemittel an mich. Das Streu verteile ich rings um die Käfige und Aquarien. Dann begieße ich es mit dem Fernhaltemittel, das auch gegen die anderen Menschen hier wirkt. Der Geruch entfaltet sich auf dem Streu intensiver. Und, falls man hineintritt, bleibt es an den Schuhen haften. Das lässt meine Gegner durchdrehen. Nachdem meine temporäre Schutzbarriere errichtet ist, kann ich endlich in die Aquarien und Käfige greifen, um mich über die kleinen Säugetiere und Zierfische herzumachen. Diese Kombination führt besonders viel Lebensenergie zu. Während ich hörbar kaue und schmatze, lauern meine Widersacher vor der Barriere, laufen auf und ab, um bei Nachlassen der Wirkung zu mir vorstoßen zu können. Hoffentlich kann ich diesmal aufessen.
Plötzlich gehe ich zu Boden. Da saß wohl noch ein Gegner auf dem Regal, an das ich mich angelehnt habe, um den Energieverbrauch herabzusetzen.
Game over - das Spiel ist aus. So auch der Bildschirm in unserem Besprechungsraum. Mein Chef legt die Fernbedienung zurück auf den Konferenztisch und tupft sich mit seinem Stofftaschentuch dicke Schweißperlen von der in Falten liegenden Stirn.
Stille.
Tatsächlich, Game over.
Ich vermute, ich werde gleich noch meine Sachen packen und das Firmengelände verlassen müssen.
Vor sechs Monaten wurde ich als Kreativdirektor in das Unternehmen geholt. Neue Impulse sollte ich setzen, um mit einem neuen Produkt gegen die Imageprobleme anzukämpfen, mit denen sich diese Softwareschmiede schon länger herumgeschlagen hatte.
Mein Chef nippt an seinem Chai Latte. Er blickt mich stumm und ausdruckslos an.
Was ich mir dabei gedacht habe, will er wissen, glaube ich. Einen Ego-Shooter in ein Garten- und Zoo-Einkaufszentrum zu verlegen.
Nun ja, diese Idee ...
Plötzlich ist mein Bildschirm aus.
»Verdammt!«, schreie ich.
»Hey, Schatz, alles gut!«
Meine Frau steht in der Tür. In der Hand hält sie den Stecker des Kabels, das sie gerade aus der Steckdose gezogen hat. Es ist das Stromkabel meines Monitors. Sie macht das immer, wenn sie meine Aufmerksamkeit haben will.
»Komm' jetzt bitte ins Bett, Schatz. An deiner Geschichte kannst du morgen Abend weiterschreiben. Das Gartencenter macht morgen früh um acht Uhr auf und ich möchte die Sonderangebote nicht verpassen. Und, ja, du musst wieder mitkommen, um den zweiten Wagen zu schieben.«