Frühmorgens,


Die für mich beste Zeit für knapp zehn Kilometer lockeren Lauf.
Meine Uhr zeigte, es war kurz nach sechs. Keine Nachricht von Silke.
Jetzt war ich mir sicher. Alleine loszulaufen.
Es war nicht mehr kalt. Immerhin Mitte April.


Zwei, drei Aufwärmübungen, mein Bonbon steckte ich mir in den Mund, es konnte losgehen. Die Haustüre zog ich leise zu. Mein Mann schlief noch.
Tief atmete ich ein, die Luft war frisch, nicht kalt, angenehm. Die Sonne, bislang nicht ganz aufgegangen, aber es war auch nicht mehr dunkel. Der Saharastaub noch leicht präsent.
Zuerst rannte ich die Straßen entlang, diese ruhig und verlassen. Die Autos parkten still und die Häuser schienen zu schlafen. Rollläden unten, keine Menschenseele weit und breit. Eine Ruhe und angenehme Stille umgab mich.
Da war er, der Zebrastreifen. Wie oft überquerte ich diesen schon, sogar mein Hund kannte den Weg darüber. Leicht und locker und voller Tatendrang lief ich die Straßen entlang. Vorgärten mit blühenden Sträuchern und Bäumen.


Nach einer harmlosen Steigung reichte mein Blick in die Weite. Felder und Wiesen, diese zeigten ein sattes Grün. In die Luft mischte sich ein feiner Duft, kaum wahrnehmbar, aber markant. Der Raps begann zu blühen. Nicht mehr lange und er steht in voller Blüte. Der Wind trägt ihn dann hinfort, seinen Wohlgeruch.


Mit einem Kopf schöner Gedanken erreichte ich den Forst. Eine mystische Angelegenheit, dieser Wald. Ein Specht hämmerte irgendwo. Meine Augen suchten in den Gipfeln der Holzgewächse nach dem fleißigen Nestbauer. Meine Ohren lauschten. Den Baum konnte ich nicht zuordnen, an welchem sich der Vogel zu schaffen machte. Wenn er nicht hämmerte, war es schlagartig ruhiger. Nun ertönte ein Konzert aus vielen verschiedenen Vogelstimmen. Unentwegt klang die Melodie, immer wieder mischte sich ein neuer Vogellaut darunter. Ich verlor mich in dem Gezwitscher der Vögel. Bis mich der Blick auf ein Biotop auf andere Gedanken brachte. Die Wasseroberfläche war glatt und glich einem Spiegel. Im Sommer ist diese nicht sichtbar. Er ist zugewachsen mit Seerosen.
Ruhig und gelassen joggte ich den Weg entlang. Am frühen Morgen ganz alleine durch den Wald zu rennen. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Die Bäume groß und stark, der Waldweg mit Steinen und Ästen überseht. Das Getier fliegend im Unterholz raschelnd, einmalig. Am Ende des Waldstückes kam es mir vor, als verließ ich einen Konzertsaal. Die Vögel waren auch außerhalb des Waldes zu hören. Nur nicht so intensiv.


Eine Kreuzung lag vor mir. Die Straßen immer noch leer. Weit und breit keine Fahrzeuge, auch nicht in der Ferne, waren sie zu hören. Ohne mich umzusehen. Querte ich die Straße.
Unweit von Silkes Haus verlief nun meine Strecke. Ob sie noch schlief, überlegte ich mir. Ich sah eine Frau. Sogleich dachte ich an Silke, ob sie hier einsteigen wollte? Beim Näherkommen sah ich, dass diese mir fremde Frau von zwei mittelgroßen Hunden begleitet wurde.
Nicht lange und ich verschwand im Wald. Das Konzert erklang erneut, auch ein Specht war zu hören. Am Rand der Wege lagen gefällte Baumstämme, dicke Stämme, schönes Holz mit Rinde. Immer wieder bis zu zehn an der Zahl. Auf einem davon stand mit Farbe eine Nummer. Warum konnte ich es nicht riechen, fragte ich mich?
Im Wald links und rechts waren fleißige Menschen am Werk, aufgeräumt, gesäubert sah er aus.
Unweit der vorherigen Holzansammlungen tauchten entrindete Holzstämme auf, siehe da, an diesen Stämmen nahm ich den Geruch des Holzes wahr. Ein Duft, unverkennbar und heimatlich. Ein auffliegender Vogel riss mich aus meinen Gedanken. Dabei lenkte ich meinen Blick nach links und sah in den Wald hinein. Dort war der Boden bezogen mit Moos, alte Baumstümpfe überdeckte er. So wunderschön war er, wie weich er aussah? Gleichmäßig grün, unendlich eben? Ein paar Schritte weiter spähte ich erneut in den Wald hinein. Da lagen Blätter und Äste auf dem Boden. Jetzt wusste ich nicht, ob ich das vorher einfach nicht wahrnahm. In meinem Gesicht entstand ein Lächeln. Kleine Zwerge am Werk, die den Waldboden aufräumten.


Der Wald ist immer für eine Überraschung gut. Beim Verlassen dessen fiel mir auf, dass da noch Unmengen an umgestürzten Bäumen lagen. Abgebrochene Äste. Büsche, die sich bis zum Boden neigten. Das waren Sturmfolgen.
Meinen Weg kürzte ich etwas ab, da ich später noch etwas vorhatte. Die Sonne war mittlerweile aufgegangen. Außerhalb des Waldes erkannte ich erneut eine Naturerscheinung. Über die Weite legte sich ein Schleier. Kniehoch bettete sich der Nebel vor mir auf dem Untergrund. Er löste sich beim näher kommen langsam auf. Weiter vorne erschien eine kompakte weiße Schicht über der Fläche. Wie Watte weich.
Am Wegesrand sprießte das Gras, auf seinen Spitzen lag ein Wassertropfen. Auf jedem einzelnen Halm und auch auf dem Getreide, welches auf den Feldern wuchs. Sofort dachte ich an die Vögel und die Insekten. Die diese Wasserstellen nutzten, um ihren Durst zu stillen. Wie sich alles zusammenfügt, ein Kreislauf.
Am Rand wuchs das Gras durch den Asphalt. Risse im Belag, mit welcher Kraft die Natur sich das zurückholt, was ihr genommen wird.


Das ist meine Heimat, dachte ich, der Wald, die Vögel, die Wege. Manches Mal sah ich ein Reh oder einen Hasen. Das beflügelt mich. Gibt mir Kraft und Energie.
Mit vielen neuen Eindrücken kam ich zurück nach Hause.


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