Armin von Gluck war in Eile. Vor der Tür wartete, im offenen Cabrio, bereits die Clique, die ihn zum alljährlichen Treffen am Stausee mitnehmen sollte. Es würde wieder Werners Grillspezialitäten aufgefahren werden, begleitet von Unmengen Bier. Einmal im Jahr gab es kein Entkommen vor diesem geplanten, sogenannten traditionellen Besäufnis. Armin schaute sich ein letztes Mal im Zimmer um, griff nach den auf dem Schreibtisch liegenden Briefen und rannte die Treppe hinab. „Mutter! Kannst Du die vielleicht in den Postkasten werfen? Ich komme nicht mehr dazu. Bitte!“ Frau von Gluck nahm die Sendungen entgegen. „Viel Vergnügen. Trink nicht wieder so viel!“ Die letzten Worte hörte Armin schon nicht mehr.
Das Treffen verlief erwartungsgemäß. Um Mitternacht hatten alle zu viel gegessen und noch mehr getrunken. Die ganz Harten sangen noch bekannte
Melodien, wenn auch Tonlage und -höhe, sowie Rhythmus nicht mehr mit den Originalen übereinstimmten. Um drei Uhr war es ruhig, alle schliefen und würden erst spät nach Sonnenaufgang aufstehen.
„Jedes Jahr dieselben Kopfschmerzen. Ich lasse nächstes Jahr die Feier zum ersten April ausfallen. Noch nach 2 Tagen spüre ich die Nachwirkungen. Hoffentlich passiert heute nichts, bei dem ich viel nachdenken müsste.“ Armin ließ ein Alka-Seltzer in sein Glas gleiten, als das Telefon schellte.
Er hob ab und zu seinem Erstaunen vernahm er die Stimme des leitenden Abteilungsdirektors Dr. Richard Schmitz. „Guten Morgen, Herr von Gluck. Ich wusste gar nicht, dass Sie einen ausgeprägten Sinn für Humor haben. Das könnten wir hier manchmal gut brauchen, nicht nur am 1. April. Bewahren Sie Ihr rheinisches Gemüt, aber, lieber Herr von Gluck, ich werde nicht Schmitzchen genannt und für Ihre Bewerbung als Assessor bleiben Ihnen noch genau 3 Tage. Guten Morgen.“
Armin von Gluck ließ sich aufs Sofa fallen. Was sollte das? Konnte es sein, dass… Das Telefon klingelte erneut. „Theater am Dom, ich verbinde.“ Bevor Armin etwas sagen konnte, vernahm er das wohlbekannte, dröhnende Organ des Intendanten. „Ist das wieder einer Ihrer witzigen Einfälle oder sind Sie jetzt in die Riege der verrückten Künstler gewechselt? Was soll ich mit diesem Vorschlag für einen Einakter machen? Hier steht: Bewerbung im Ministerium. Ist es der Rahmen für eine Satire oder soll das Publikum einbezogen werden? Vielleicht würde eine Publikumsbeschimpfung das Ganze aufpeppen. Also! Antworten Sie schnell und mit verständlichen Details. Ciao.“
Irgendetwas war schiefgelaufen. Wie kam er aus dieser Nummer raus. Als das Telefon zum dritten Mal klingelte, war ihm klar, dass dies nichts Gutes ankündigte. „Guten Morgen, lieber Neffe! Hier ist Deine Tante Frieda. Ich finde es sehr nett, dass Du mich zu einem Festkommerz mit Damen einladen willst. Obwohl ich nicht genau weiß, ob ich mit Dir einen Salamander reiben möchte. Du bist doch auch ein Tierfreund. Übrigens: die Anrede holde Maid habe ich schon ewig lange nicht mehr gehört. Teile mir also noch den genauen Termin mit und statt eines Salamanders wären mir Reibekuchen lieber. Bis bald!“
Trotz aller Tragik musste Armin lächeln. Jetzt verstand er. Er hatte die Absender seiner Postsendungen vertauscht. Es fehlte nur noch Kusine Astrid von Schmitz. Und schon machte sich das Telefon bemerkbar.„Na, alter Knabe. Du bist Dir doch darüber im Klaren, dass ich auf einen so plumpen Scherz nicht hereinfalle. Dein Elaborat mit dem Titel „Die unzähmbare Schönheit“ hat in einigen Teilen durchaus gewisse Ähnlichkeiten mit mir, aber für die Szene im Schlafzimmer bin ich doch nicht die richtige Person. Oder meintest Du vielleicht meine Freundin Gisela? Soll ich für Dich etwas vorfühlen? Das solltest Du lieber selbst erledigen. Am 1. April solltest Du diesen Primanerulk bleiben lassen. Wahrscheinlich bist Du noch nicht ganz nüchtern. Melde Dich, wenn die Nebelschwaden sich aus Deinem Gehirn verabschiedet haben.“
In den nächsten Tagen hatte der zukünftige Assessor im Innenministerium, Armin von Gluck, einiges zu erklären und geradezurücken. Alles in allem brachten ihm die Verwechslungen sogar Glück, denn er bekam nicht nur die Stelle, sondern auch einen Termin beim Intendanten. Tante Frieda fand die Sache mit dem Salamander lustig und war froh, dass den kleinen Reptilien kein Leid angetan wurde. Und was die Kusine anbetrifft, so konnte sie ihre Freundin Gisela überzeugen, dass ein gewisser Armin durchaus ein passender Begleiter sein könnte.