Würde sie erleben, dass die Natur erwachte, die Bäume blühten, die Vögel anfingen, für Nachwuchs zu sorgen …?
Es war gespenstisch.
Bei einer Dame im Nebenzimmer hatten sie den Krebs gerade mal zwei Wochen vorher entdeckt. Als sie eigentlich nur wegen des dann doch zu nervigen Hustens zum Arzt gegangen war. Die Lunge komplett voller Metastasen, nichts mehr zu machen.
Innerhalb von 14 Tagen von Knall auf Fall verstorben.
In jener Nacht träumte ihr von einem Zug, der irre schnell auf sie zuraste und sie mit einem Hechtsprung in die dicht bewachsene, dunkelgrüne Böschung …
„Kann ich“, hatte er gefragt, „Sie auf einen Kaffee einladen?“
Er war eine ganze Zeit hinter ihr hergegangen, hatte mit einem Mal einen Satz nach vorn gemacht, ihr den Weg abgeschnitten und seine direkte Erkundigung serviert.
„Können Sie“, hatte sie von sich gegeben, es geschahen noch Wunder.
Wie oft hatte sie dieser Sehnsucht nachgehangen, dass einer von jetzt auf gleich die Gelegenheit ergriff und ihr gänzlich unvermittelt eine stürmischste Romanze bescherte?
Er war für alles erheblich zu groß.
Für ihren schlichten Küchenstuhl, ihr bescheidenes Oberbett, selbst den Türrahmen.
Oder aber diese Welt zu klein …
Ein grobschlächtiger Vierschröter, man hätte gesagt, den befällt niemals ein Gebrechen, aber das Hodenkarzinom hatte wohl keinen Respekt vor einer noch so beeindruckend dräuender Körpergestalt, es ließ sich nur zeitweilig in seinem wiederholten Erstarken besiegen. Das ging mittlerweile ein ganzes Dutzend Jahre schon auf diese Weise.
Noch weniger kümmerte sich die Verliebtheit um irgendwelche Regeln.
Ihr war im tiefsten Winter der Frühling ausgebrochen.


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