„… bin deine Fresse jetzt endgültig leid“, sprang der junge Mann auf, eine dieser Nachmittags-Talkshows, wo es beim Seelenstriptease regelmäßig hoch herging. Da blitzte es kurz auf und dann nur noch schwarz.

Der Fernseher war noch nicht lange aus dem Keller wieder im Wohnzimmer, genau genommen seit der Fußball-WM, er hatte sich durchgesetzt. Es stimmte, dass ihre Diplomarbeit jetzt abgegeben war, aber sie hoffte, diese primitive Zerstreuungsquelle nie wieder vor der Nase zu haben.

Vergeblich.

Nicht vergeblich!

Es konnte gut sein, dass sie erstmal keinen Ersatz holten für den ollen Kasten, aus dem wirklich nichts Gescheites kam. Bis auf hie und da ein Film auf arte. Allemal wichtiger als die Sportschau.

Den Fernseher hatten sie von den Schwiegereltern geerbt, wie man so sagte, ein kleines und umso massiveres Farbgerät. Sie mussten es auf einen extra Beistelltisch auslagern, viel zu tief für das eigentlich dafür vorgesehene Regal in der rustikalen Schrankwand vom Sperrmüll.

Sie war zehn Jahre mit ihm zusammengeblieben.

Obwohl er nicht ein einziges Mal zu ihr gestanden hatte.

„Wir sind 80 Millionen Deutsche“, hatte es geheißen, „dich brauchen wir nicht!“ Dann einhelliges Schweigen. Bei ihr Schock. Bei ihm Feigheit. „Kennst doch Tante Erika!“, hatte er zu Hause abgewiegelt.

Als sie verstarb, gab es Hauen und Stechen um den Schmuck. Bei dem sie wie selbstverständlich keine Rolle spielte, sie waren ja nicht verheiratet. Wie die ältere Schwester und ihr Bayer. Weißgold und Diamanten waren eh nicht ihr Fall. Aber das kleine Granatmedaillon.

Er hatte versprochen, sich für sie einzusetzen.

Er brauchte es nie mehr wieder.


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