Ihr Blick ist starr nach vorne gerichtet. Ihre Augen glänzen im Licht der untergehenden Sonne. Es blendet sie und sie kneift wütend die Augen zu. Ihre Gedanken drehen sich im Kreis. Bloß nicht die Kontrolle verlieren, warnt sie sich selbst. Ihre Beine laufen wie von selber und legen noch einen Zahn zu. Von der Umgebung nimmt sie nichts mehr wahr. Sie ist gefangen in ihrem Gedankenkreis. Gefangen in der Vergangenheit. In Fehlern und Hass auf sich selbst. Auch die kleine Amsel, die über den Weg huscht und den Abend mit ihrem Gezwitscher erhellt, erlangt keine Aufmerksamkeit. Der Wald dreht sich vor ihren Augen. Die Bäume werden größer, wachsen immer schneller und bäumen sich wie Riesen vor ihr auf. Sie kann nicht mehr. Fühlt sich klein, immer kleiner in dieser Welt. Machtlos. Nicht mal gegen ihre eigenen Gedanken kommt sie an. Sie wird sauer. Erhöht das Tempo erneut. Sie rennt. Versucht ihre Gedanken abzuschütteln, sie zu verlieren. Ein Eichhörnchen springt verschreckt aus dem Weg und verschwindet im naheliegendem Unterholz. Auch das merkt sie kaum. Sie läuft weiter, immer weiter. Ihre Beine werden schwer. Sie kann nicht mehr. Sie ist müde und fühlt sich alleine. Sie will leben. Sich niederlassen und die Natur genießen. Die frische Abendluft einatmen und die Süße der Rosen riechen. Sie will stehen bleiben, ihre Gedanken anhalten. Sie hat keine Kontrolle. Sie läuft weiter, ihre Gedanken auch. Sie kommt an eine Straße und läuft weiter, immer weiter. Ein Auto kommt und sie läuft weiter. Es hupt. Erst jetzt merkt sie, wo sie ist. Sie springt in letzter Sekunde von der Straße. Sie bleibt stehen. Ihre Beine sind schwer. Ihre Gedanken auch. Aber sie bleiben stehen. Wo ist ihre Lebensfreude geblieben, fragt sie sich. Langsam geht sie weiter. Nimmt den frischen Duft der Luft wahr. Horcht den Amseln und beobachtet die Umgebung. Sie hört ein Lachen, ein süßes, hohes und etwas grelles Lachen. Sie blickt sich um. In einem Vorgarten entdeckt sie einen kleinen Jungen, der um einen blühenden Birnenbaum watschelt. Er erfreut sich an den Blüten, die durch die Luft fliegen. Er lacht über die Blätter, die sich auf seinem kleinen Blondschopf niedergelassen haben. Er genießt das Leben. So muss sich Lebensfreude anfühlen, denkt sie und betet für den Jungen, dass er diese nie verlieren werde.
Sie ist Zuhause. Müde, aber sie hat es wieder einmal geschafft. Das Leben ist noch nicht vorbei.


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